Der Brexit und die Zollabgaben – Importe von Großbritannien

 

Hunde, die bellen, beißen nicht, lautet ein altes Sprichwort. 
Dieses wird inzwischen auch immer wieder für Boris Johnson verwendet, denn seine selbstgewählte Deadline, 15.10.2020, ist ergebnislos verstrichen und doch zeigt er sich nach wie vor gesprächsbereit.

Der Premierminister schwor zwar seine Wirtschaft auf einen ‚No-Deal‘ ab 01.01.2021 ein, lies die Tür für Gespräche Richtung EU aber mit den Worten offen: „Es sei denn, es gibt eine fundamentale Änderung ihrer Herangehensweise.“.

Dies zeigt: Boris Johnson braucht einen Deal!

In dieser Woche geht das zähe Ringen um ein Abkommen somit nochmals in eine neue Runde. Zwischen den Chefunterhändlern Michael Barnier (EU) und David Frost (UK) wird es wieder um die Agenda Punkte Fischereirechte und die Subventionskontrollen gehen.

Auch wenn es von außen aussichtslos erscheint, hat sich hinter verschlossenen Türen scheinbar, in der Sache, doch Einiges in die richtige Richtung bewegt. Das britische Kabinett, wie auch die EU, zeigen Kompromisssignale und Barnier betont seine Bereitschaft die Gespräche, in den nächsten zwei bis drei Wochen, intensivieren zu wollen.

Wird es doch eine Lösung nicht in letzter Minute, sondern der letzenden Sekunde geben?

Zu hoffen ist es, denn von einem ‚No-Deal‘ profitiert niemand.

 

 

 

Die Einfuhrumsatzsteuer „nur“ ein durchlaufender Posten, aber …

Egal ob es noch zu einem Deal kommt oder nicht, auf eines müssen sich alle Unternehmen in Deutschland einstellen, die zu verzollende Waren aus Großbritannien beziehen: Es wird die Einfuhrumsatzsteuer erhoben.
Die Höhe entspricht der deutschen Mehrwertsteuer. Aktuell somit 16%, sollte die Reduzierung auf Grund Corona nicht verlängert werden, werden ab 01.01.2021 wieder 19% Steuer fällig.

Es handelt sich dabei, für die allermeisten Unternehmen, um einen sogenannten durchlaufenden Posten, nachdem diese Abgabe mit den Steuereinnahmen verrechnet bzw. erstattet wird.
Hinsichtlich der Bereitstellung von liquiden Mitteln muss die Steuer jedoch kalkuliert werden, denn bereits 10 Tage nach der Einfuhr ist die Steuer fällig.

 

Zollsätze können bereits jetzt ermittelt werden

Jedes Handelsgut muss bei der Verzollung tarifiert werden. Dies geschieht beim Import nach Deutschland im TARIC (Tarif Intégré des Communautés Européennes), dem integrierter Zolltarif der Europäischen Gemeinschaft.

Die Zolltarifnummern können Online, im elektronischen Zolltarif (EZT), abgerufen werden. 

Ausgehend davon, dass Großbritannien und die EU kein Freihandelsabkommen abschließen, könnte bereits jetzt ermittelt werden, welche Zollsätze in 2021 für Waren aus UK erhoben werden. Es müsste dafür im EZT als Herkunftsland der Oman (Länderkennzeichen OM) eingetragen werden. Begründung ist, dass mit dem Oman keinerlei Handelsabkommen geschlossen ist und keine Embargos bestehen bzw. Strafzölle erhoben werden. So wäre es mit dem Vereinigten Königreich auch, wenn es bei einem ‚No-Deal‘ bleibt.

 

Die höchsten Zölle für importierte Waren aus UK

Um einen Eindruck zu vermitteln, wie hoch Zollabgaben beim Import aus GB sein können, hier eine beispielhafte Liste mit Gütern, für die die höchsten Zollsätze erhoben werden:

 

  • 74%                                                für Wasserpfeifentabak
  • 57,6%                                             für Zigaretten, die Tabak enthaltend
  • 41,6%                                             für Kautabak und Schnupftabak
  • 33,6% + 20.60 EUR je 100 kg      für Ananassaft (mit einem Brixwert von mehr als 67)
  • 26%                                                für Seeigel, Seegurken und Quallen

Güter, die am häufigsten aus Großbritannien importiert werden

Diese Warenkategorien sind, ausgehend vom Einfuhrgewicht, die zehn häufigsten, die von der britischen Insel in die EU verkauft werden.

 

Mineralische Brennstoffe
Salz, Schwefel, Steine, Erden
Organische chemische Erzeugnisse
Kunststoffe und Waren daraus
Eisen und Stahl
Kraftfahrzeuge, Landfahrzeuge
Aluminium und Waren daraus
Anorganische chemische Erzeugnisse
Maschinen, Apparate, mechanische Geräte
Halbstoffe aus Holz, Papierabfall

 

Sehr unterschiedliche Zollsätze

Auch wenn Großbritannien im Ranking der wichtigsten Importnationen für Deutschland „nur“ auf Rang elf rangiert, wurden im Jahr 2019 immerhin Waren im Wert von 38,33 Mrd. Euro eingeführt. Es handelt sich somit auch beim Import, um eine durchaus relevante Große an Handelsvolumen.

Mit welchen Zollsätzen in den zehn häufigsten Importgüter-Gruppen gerechnet werden muss bzw. wie groß die Bandbreit in den Warengruppen ist, kann in den folgenden Beispielen abgelesen werden.

Es gibt jedoch auch Warengruppen, wie die zehnt häufigste ‚Halbstoffe aus Holz und Papierabfall‘, bei denen gar kein Zoll erhoben wird.

 

Mineralische Brennstoffe Zollsätze EU
Kreosotöle1,7%
Benzole3%

 

Salz, Schwefel, Steine, Erden Zollsätze EU
Luftkalk, gelöscht1,7%
Speisesalz2,60 Euro je Tonne

 

Organische chemische ErzeugnisseZollsätze EU
Kohlenstofftetrachlorid (Tetrachlorkohlenstoff)5,5%
Glycyrrhizin und Glycyrrhizinate5,7%

 

Kunststoffe und Waren darausZollsätze EU
Abfälle, Schnitzel und Bruch; von Polymeren des Vinylchlorids6,5%
Polyethylenglykole6,5%

 

Eisen und StahlZollsätze EU
Ferrosiliciumchrom2,7%
Ferromolybdän2,7%

 

Kraftfahrzeuge, LandfahrzeugeZollsätze EU
Feuerwehrwagen3,7%
Sattel-Straßenzugmaschinen: neu16%

 

Aluminium und Waren darausZollsätze EU
Aluminium in Rohform: nicht legiertes Aluminium3%
Rohrformst., Rohrverschlussst. und Rohrverbindungsst. aus Aluminium5,9%

 

Anorganische chemische ErzeugnisseZollsätze EU
Molybdate5,5%
Chloroschwefelsäure5,5%

 

Maschinen, Apparate, mechanische GeräteZollsätze EU
Milchentrahmer2,2%
Wasserturbinen und Wasserräder: mit einer Leistung von 1000 KW oder weniger4,5%

 

Immer unter der Voraussetzung, dass es zu keiner Einigung zwischen Großbritannien und der EU kommt, können selbst bei den häufigsten Importgütern Zölle zwischen 0% und 16% anfallen. Bei weniger oft importierten Waren sind bis zu 74% Zollabgabe möglich.
In Verbindung mit der, zumindest in der Liquidität zu planenden, Einfuhrumsatzsteuer, ist es, für aus UK importierende Unternehmen, spätestens jetzt nötig, ihre Planung für 2021 zu überprüfen.
Ob Preise neu kalkuliert werden müssen, Warenströme verändert, um genug liquide Mittel für die Abgaben zu haben oder sogar eine Neuorientierung bei den Lieferanten, es gibt einiges zu bedenken.

Sollten Sie Unterstützung bei der Vorbereitung für die Änderungen im Handel mit dem Vereinigten Königreich benötigen, sich vielleicht erstmalig mit dem Zoll beschäftigen müssen und Informationen benötigen oder Ihre Zollabfertigung extern professionell und rechtssicher abwickeln lassen möchten, steht Ihnen die EuroZOLL GmbH Zolldienstleistungen, als externe Zollabteilung, jederzeit zur Seite.

Den Blog zum Thema „Der Brexit und die Zollabgaben – Exporte nach Großbritannien“ finden Sie hier.