Der Brexit wird vollzogen – am 01.01.2021 ist es soweit

In den Medien heißt es, dass gerade der Showdown in Sachen Brexit Verhandlungen läuft. Inzwischen haben sich EU-Ratspräsidentin Ursula von der Leyen und Premierminister Boris Johnson selbst eingeschalten.

Grundlegend gibt es noch drei strittige Punkte in der Verhandlung eines Freihandelsabkommens:
Die Fischereirechte für EU-Fischer, die Wettbewerbsbedingungen – also die Sozial-, Umwelt und Subventionsstandards – bei den Briten sowie ein Schlichtungsmechanismus bei Verstößen.

 

EU mit dreifachen Null-Lösung angetreten

Null Zölle.
Null Quoten, also Begrenzung von Ein- beziehungsweise Ausfuhren von bestimmten Waren.
Null Dumping, was heißt, dass sich Großbritannien keine unfairen Wettbewerbsvorteile verschafft, durch Subventionen von Unternehmen und herabsetzen von Umwelt- und Sozialstandards.

Dies würde den Briten unlimitierten Zugang zur EU gewähren, was kein anders Drittland der Welt hat.

 

Großbritannien möchte Rosinen picken

Unsere Nachbarn hingegen, möchte hürdenfreien Export in die EU, um ihren Unternehmen einfachen Zugang zu deren wirtschaftlich wichtigsten Handelspartnern zu garantieren. Dafür versuchen sie aus allen mit der EU abgeschlossenen Freihandelsabkommen, die vorteilhaftesten Passagen für sich zu beanspruchen.

Was dort jedoch auf keinen Fall gewünscht ist, sind Regularien zu Wettbewerbsbedingungen. Der Zugang zum EU-Binnenmarkt soll also quasi zum Nulltarif gewährt werden. Was für die Europäische Union ein ‚No-Go‘ ist.

 

 

 

  Darauf können Sie sich sicher einstellen – mit und ohne Deal

Unabhängig von einem in der letzten Sekunde eventuell noch vereinbarten Deal, gibt es einige Fakten, die davon nicht berührt werden. Gleichsam sind sie für jegliche Handelsbeziehung mit dem Vereinigten Königreich essenziell.

Welche das sind, erfahren Sie in den nächsten fünf Absätzen.

 

Zollanmeldung sind ab 01.01.2021 zwingend

Ob Freihandelsabkommen Ja oder Nein, ab 01.01.2021 müssen sämtliche Warenbewegungen beim Import und ab 1.000 Euro Warenwert beim Export, zollrechtlich angemeldet werden.

Ein Abkommen regelt dazu lediglich Zollsätze oder ggf. Kontingente die ein- bzw. ausgeführt werden dürfen.

 

Einfuhrumsatzsteuer wird ab dem Jahr 2021 fällig

Die Einfuhrumsatzsteuer ist quasi die Mehrwertsteuer im internationalen Handel. Ab 01.01.2021 ist Großbritannien ein Drittland und alle Einfuhren nach Deutschland sind steuerpflichtig. Der Steuersatz entspricht dem der Mehrwertsteuer. Ab Januar sind es somit wieder 19%.

Diese Ausgabe, wenn auch nur als durchlaufender Posten, muss in der Liquiditätsplanung berücksichtigt werden.

 

Lange Warteschlangen bei Exporten auf die Insel

Nachdem der Warenverkehr nun dem Zollrecht unterliegt, wird es ab dem neuen Jahr, wie in allen anderen Drittländern auch, zu Zollkontrollen an der Grenze kommen. Es braucht dazu nicht allzu viel Phantasie, dass es am Ärmelkanal wie den Fähranlegern daher zu erheblichen Stauungen kommen wird.

Die Briten haben aus diesem Grund bereits nahe gelegene Militärgelände zu Freihandelszonen erklärt, um auch dort die Zollabfertigung vornehmen zu können.

Stellen Sie sich in den ersten Wochen, vielleicht auch Monaten auf Wartezeiten von mehreren Tagen ein. Gerade für Just-in-Time ein sehr wichtiger Planungsaspekt.
Bereits jetzt bilden sich LKW-Schlangen an den Grenzen, denn jeder versucht noch schnell alles was möglich ist auf die Insel zu bringen und natürlich die Lager voll zu machen.

 

CE-Kennzeichnung und britisches UKCA-Label

In einem Freihandelsabkommen kann geregelt werden, dass gegenseitig die Konformität, welche in der EU das CE-Kennzeichen ausdrückt, anerkannt wird. Großbritannien hat sich entschieden ein eigenes Label UKCA einzuführen.

Zum Start in 2021 lehnt sich dessen Regeln an die des CE-Kennzeichens an. Das kann sich im Lauf der Zeit jedoch jederzeit ändern. Unternehmen sind daher gut beraten, die Entwicklungen, wie in anderen Staat außerhalb der EU, zu beobachten bevor sie ihre Produkte mit dem UKCA-Label versehen.

Nähere Informationen finden Sie in einem Fachbeitrag von Prof. Dr. Tilko Dietert.

 

Warenursprung und Präferenzkalkulation

Großbritannien ist ab 01.01.2021 ein Drittland aus Sicht der EU.
Dies ist insofern ein wichtiger Umstand, dass Waren, die beispielsweise in einem in der EU gefertigten Produkt verbaut werden, in der Präferenzkalkulation mit dieser Eigenschaft eingerechnet werden müssen.

Zur Erläuterung: Eine Präferenzkalkulation ist ein Rechenverfahren, um den Ursprung einer Ware zu ermitteln. Je nach Land gibt es erlaubte Prozentsätze, wieviel Anteil an Drittlandsware enthalten sein darf, um eine Zollreduzierung oder sogar Zollbefreiung dort zu erhalten.

Für den Export von EU Waren in andere Länder ist eine Neuberechnung des Warenursprungs, sofern britische Waren enthalten sind, daher unerlässlich.

Weitergehende Informationen dazu finden Sie hier.


Das kann ein Deal
erleichtern

Ein Freihandelsabkommen regelt sehr viele Rahmenbedingung im wirtschaftlichen Kontakt zwischen Ländern. Auch Themen wie Visaplicht und -zeiträume oder auch Arbeitsbedingungen.

Für den Handel mit unseren britischen Nachbarn, sind die folgenden drei Punkte von besonderem Interesse.

 

Zölle können entfallen

Kommt es noch zu einer Vereinbarung zwischen der EU und Großbritannien, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass eine vollständige Zollfreiheit für alle Waren vereinbart wird. Der Vorteil liegt damit auf der Hand: Der Handel wird günstiger.

Die Zollsätze liegen ohne einen Deal beim Export zu den Briten zwischen 0 und 70%.
Bei Importen britischer Waren zwischen 0% und 74%.

 

Kontingente können entfallen

Alle Regelungen, rund um den internationalen Handel, haben, neben dem Zweck der Staatsfinanzierung, auch stets einen marktregulierenden Aspekt. Neben den Zollsätzen, regulieren beispielsweise auch festgelegte Maximalmengen, also Kontingente, wieviel eingeführt werden darf.

Im Fall der Verhandlung mit unseren britischen Nachbarn liegt eine komplette Kontingentbefreiung auf dem Verhandlungstisch, sollten sie sich einigen.

 

Anerkennen gegenseitiger Konformitäten

Wie oben beschrieben, ist auch eine gegenseitige Anerkennung von Konformitäten für zum Beispiel das CE-Kennzeichen ein möglicher Bestandteil eines Brexit-Deals. Umgekehrt kann es auch für das britische UKCA-Label gelten.

Dies würde die Aufwände, für die Kontrolle von Konformitäten, sehr erleichtern. 

Mehr dazu finden Sie hier.

 

Fazit: Viel ist jetzt schon klar und auf einiges darf noch gehofft werden

Klar ist, dass ab 01.01.2021 Zollanmeldungen verpflichtend sind, die Einfuhrumsatzsteuer entrichtet werden muss, Präferenzen neu kalkuliert werden müssen und es zu Wartezeiten kommen wird.

Zu hoffen ist auf eine Zoll- und Kontingentfreiheit.

Auch in den letzten 24 Tagen des Jahres bleibt es ein Wirtschaftskrimi. Hoffen wir auf das Beste!

 

Sollten Sie Unterstützung bei der Vorbereitung für die Änderungen im Handel mit dem Vereinigten Königreich benötigen, sich vielleicht erstmalig mit dem Zoll beschäftigen müssen und Informationen benötigen oder Ihre Zollabfertigung extern professionell und rechtssicher abwickeln lassen möchten, steht wir, die EuroZOLL GmbH Zolldienstleistungen, Ihnen als externe Zollabteilung, jederzeit gerne zur Seite. 

 

Weitere Informationen zum Brexit finden Sie in unseren weitern Blogbeiträgen „Der Brexit und die Zollabgaben – Exporte nach Großbritannien“ und „Der Brexit und die Zollabgaben – Importe von Großbritannien„.